Josef Hofmiller (1872-1933)

Geboren ist Josef Max Maria Hofmiller1 als Lehrersohn am 26. April 1872 in Kranzegg im Allgäu. An eine Schulzeit in Scheyern, in Freising und München schließt sich ein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität an; hier legt er 1894 das Staatsexamen in Französisch ab, zwei Jahre später das in Englisch. 1901 beendet er die Arbeit an seiner Dissertation in englischer Literatur und wird zum Dr. phil. promoviert.

Während dieser Zeit arbeitet er bereits als Realschulassistent, später als Reallehrer und schließlich als Gymnasialprofessor, wobei er wieder einige Jahre in Freising verbringt. Hofmiller ist ein begeisterter Lehrer, der immer wieder verlockende Posten mit der Begründung ablehnt, er gehöre an die Schule. Zeit seines Lebens bemüht er sich darum, „die Bahn für einigermaßen modernen Unterricht ein wenig auszukehren“ und erinnert an Grundsätze, die bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren haben: „Das Wertvollste, was ein junger Mensch auf der Schule lernen kann, was er unbedingt auf ihr lernen muss, ist das Lernen selbst. Eine Schule, die ihn erleben lässt, dass geistige Arbeit eine Freude sei, ist immer gut, und wäre sie die ärmste Dorfschule ‚hinter den sieben Bergen‘ oder das altmodischste Klosterseminar hinter sieben Mauern. Eine Schule, die dem Heranwachsenden soviel Stoff gibt, dass er ihn unmöglich mehr verdauen kann, ein System, das ihn auf die Waage stellt und bloß danach beurteilt, um wieviel Gewicht er zugenommen habe, sind beide verwerflich […]“2. – Aber auch auf dem Gebiet der Schulpolitik ist Josef Hofmiller aktiv: Sein Engagement erkämpft in Bayern die Ein­richtung der Oberrealschule als neuer Schulform und schließlich auch ihre Gleichberechtigung neben dem humanistischen Gymnasium.

Bereits als junger Lehrer schreibt Josef Hofmiller nebenher nicht nur Artikel zum Schulwesen, sondern auch Musikberichte und Theaterkritiken über Aufführungen in München, Buchbesprechungen und Auseinandersetzungen mit der zeitgenössischen literarischen Szene. Vor allem aber verbindet sich die Erinnerung an den Namen Hofmiller mit seinen vielen Essays: Er ist einer der produktivsten und bedeutendsten Essayisten seiner Zeit. Die thematische Spannweite seines Werks, bei dem die literarischen Themen überwiegen und von dem ein großer Teil in den von ihm mitherausgegebenen „Süddeutschen Monatsheften“ erscheint, ist unglaublich. Einen besonderen Schwerpunkt seiner Arbeit bilden die großen Namen des 19. Jahrhunderts, unter ihnen Eichendorff, Heyse, Fontane, Jean Paul, Keller, Stifter – und vor allem und immer wieder Goethe, mit dem er sich, wie seine ‚Wege zu Goethe‘ zeigen, lebenslang beschäftigt und der zweifellos das Zentralgestirn seines literarischen Himmels ist.

In den Jahren des Ersten Weltkriegs und den Nachkriegsjahren wendet sich Josef Hofmiller auch politischen Themen zu; er kommentiert in seinem ‚Revolutionstagebuch 1918/19‘ die unruhigen Münchener Jahre und gehört bereits 1917 zu den prominenten Unterzeichnern des Gründungsaufrufs der Deutschen Vaterlandspartei, die als Sammelbecken der extremen politischen Rechten gelten muss3. Obwohl er auch in den literaturtheoretischen Schriften seiner Spätzeit „in die Nähe kämpferisch-nationalistischer Ideologien“ rückt4, findet er keine Heimat im Nationalsozialismus. Dessen Herrschaft in Deutschland erlebt er auch nur noch kurze Zeit: Am 11. Oktober 1933 stirbt Hofmiller; seine letzte Ruhestätte findet er im Grab der Eltern am Münchner Ostfriedhof.

Aus heutiger Sicht hinterlässt Hofmiller ein zwiespältiges Bild: auf der einen Seite der fortschrittliche Pädagoge, der im ausgehenden 19. Jahrhundert die Sprache des damaligen „Erzfeinds” studiert und mit dazu beiträgt, dass die Tür zum modernen Fremdsprachenunterricht aufgestoßen wird, auf der anderen der Vertreter des konservativen Kulturbürgertums, dessen politische Ansichten sich unter dem Eindruck des Weltkriegs und der Revolution radikalisieren. Dieses Spannungsfeld macht Hofmiller zu einem nicht einfachen Namensgeber unserer Schule.

[1] Gekürzt und ergänzt nach: 25 Jahre Josef-Hofmiller-Gymnasium Freising. Jahresbericht 1984/85. Hrsg. vom Direktorat des Gymnasiums. Redaktion H. Werner. Freising 1985. S. 13-85.

[2] Zitiert nach: 40 Jahre Josef-Hofmiller-Gymnasium Freising. Jahresbericht 1999/2000. Hrsg. vom Direktorat des Gymnasiums. Redaktion F. Vogl. Freising 2000, S. 28-29.

[3] Hadry, Sarah, Deutsche Vaterlandspartei (DVLP), 1917/18, publiziert am 20.12.2007; in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Deutsche_Vaterlandspartei_(DVLP),_1917/18 (22.05.2021)

[4] Dehn, Manfred, „Hofmiller, Josef“ in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 471 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118706195.html#ndbcontent (22.05.2021)